Der Pluto-Einsatz Nach dem mit knapper Not siegreichen Ende der Schedirschlacht herrschte Friedhofsstille in der Galaxis. Zeit für Graf Hombug und McFertig ihren verdienten Heimaturlaub nachzuholen. Graf Hombug mähte den verwilderten Rasen hinter seinem Haus. McFertig spielte Minigolf. Am Nachmittag des zweiten Tages passierte es. McFertig hatte gerade den vierten Durchgang gewonnen, als Graf Hombug auftauchte. Er fragte: "Zufrieden?" McFertig knurrte: "Öde!" Graf Hombug erklärte: "Ich habe im Bastelschuppen hinter dem Haus eine kleine Raumyacht aufpoliert. Fliegen wir eine Runde." McFertig blickte Graf Hombug prüfend in die Augen. Graf Hombug beeilte sich zu versichern, daß die Yacht durchaus genügend bewaffnet sei. "Was stehen wir hier noch herum?" rief McFertig und warf den Golfschläger in eine Kiste. Zuerst untersuchten sie den Planetoidengürtel, ob sich dort nicht vielleicht doch ein wrukscher Aufklärer versteckt hielt. Dann die Jupitermonde, die Saturnmonde, und die Uranusmonde, aber auch dort war nichts Verdächtiges zu finden. "Eines muß man der Außenringüberwachungsflotte lassen," meinte McFertig, "sie ist gründlich." Als sie gerade Triton, den inneren Neptunmond, inspizierten stieß aus dem Ortungsschatten von Nereide, dem äußeren Neptunmond, ein Wrukkreuzer hervor und schoß zehn Fernkampfraketen mit Fusionssprengköpfen ab. Dann ging er in den Hyperraum. Graf Hombug erwachte aus seiner Ohnmacht und musterte das Instrumentenpult, auf dem nur mehr rote Warnlampen brannten. Dann suchte er McFertigs Überreste auf dem Fußboden. Jener war jedoch im Maschinenraum um die Risse in der Wand mit Dichtungspaste zu verschmieren. Graf Hombug flickte einige gerissene Drähte. Er aktivierte den Bildschirm und die Korrekturdüsen. McFertig kam herein und wies mit seiner Spachtel auf einen rötlichen Stern nahe der Bildschirmmitte. "Es sieht so aus, als würden wir auf Antares zutreiben." meinte er. "Und in zwanzigtausend Jahren dort sein" setzte Graf Hombug fort, "das Triebwerk ist leider auch hin." McFertig beäugte den Bildschirm und knurrte: "Dieser Stern hier gehört aber nicht zum Skorpion." Er tippte mit einem verkleisterten Finger auf einen Lichtpunkt. Hombug schlug im Ephemeridenkalender nach, und bemerkte lakonisch: "Pluto." McFertig hatte das auch gehofft. Zwei Tage waren ihm wesentlich lieber als zwanzigtausend Jahre. Graf Frederik Hombug korrigierte den Kurs alle Stunden mit den intakten Seitentriebwerken. Er hatte auch den Kursrechner wieder repariert, prüfte die Ergebnisse aber mühselig auf dem Rechenschieber nach. Wie befürchtet stimmten die Ergebnisse nicht überein. Hombug war geneigt den Computer über Bord zu werfen, McFertig aber hielt ihn davon ab. Er nahm den Rechenstab und peilte über seine Kante. "Total verzogen" urteilte er, "Hitze und Aufprall." Wo denn die Kontrolle sei, fragte Hombug. McFertig langte in die Innentasche seiner Lederjacke und angelte einen altmodischen Taschensextanten hervor. Hombug unkte: "Wenn der auch verzogen ist." Der Sextant war jedenfalls aus Stahl, und McFertigs Rippen nicht. So schwebten sie dann doch exakt tangential auf Pluto ein, "Wenn das kein Glück ist" seufzte Hombug, "die beste Landepiste des Sonnensystems". In der Tat war der gefrorene Ozean Plutos, der fast den ganzen Planeten bedeckte, spiegelglatt. Das Schiff setzte mit einem dumpfen Knall auf und rutschte fast zweitausend Kilometer, Es zog eine Schnee- und Dampfwolke hinter sich her, kam dann aber doch zum Stillstand. Das neue Rotlicht auf dem Kontrollpult bedeutete Reaktoralarm. "Das war also der Krach vorhin" dachte Hombug. Sie standen trotz Anzugheizung mit frierenden Zehen vor der Schleusentür. Glitzerndes, spiegelndes Eis erstreckte sich bis zum Horizont. "Ich hätte meine Eislaufschuhe mitnehmen sollen," meinte McFertig. Graf Hombug trieb zur Eile an. Zwischen dem Alarm und der Detonation eines Reaktors war selten eine Viertelstunde Zeit. Nach etwa einem Kilometer Fußmarsch blitzte es hinter ihnen grellweiß auf. "Zwanzigtausend Solar" kommentierte Hombug, "der Lloyd wird begeistert sein." McFertig war jedoch schon immer der Meinung gewesen, die Gauner bei der Versicherung sollten ruhig zahlen. Vierhundert Kilometer ostwärts befand sich eine Felseninsel im Eis, dort hatten Wissenschaftler eine Forschungsstation errichtet. Der Fußmarsch dorthin war eine echte Alternative zum Erfrierungstod. Nicht nur, daß die Zehen vereisten, nein, auch die Sichtscheibe tat es. Die Heizung der Raumanzüge war für solche Gewaltakte auf die Dauer nicht geschaffen. Wer aber versuchte die Sichtscheibe sauber zu lecken, lief in Gefahr, daß die Zungenspitze fest fror. Nach sechs Tagen erreichten sie die Kuppel der Station. Am Schleusenschott hing eine Plastiktafel, mit der Aufschrift: "Wegen Urlaub geschlossen." McFertig unterdrückte die Vision Minigolf spielender Wissenschaftler, und griff zur Laserpistole. Graf Hombug überzeugte ihn jedoch davon, daß beim Aufbrechen der Schleuse am Ende drinnen das selbe Vakuum wie draußen herrschen müsse. Wenn Graf Hombug und McFertig in ausweglosen Situationen verzweifeln würden, dann müßten sie jährlich zweihundertmal sterben. Graf Hombug setzte sich nieder um nachzudenken. Rasch stand er wieder auf, denn der Felsen war noch kälter als das Eis. Die Helmfunkgeräte hatten eine Reichweite von fünftausend Kilometern. Würde man sie in Serie schalten, käme man einskommavier mal so weit. Das war aber noch immer entschieden zu wenig. Graf Hombug rieb sein unterkühltes Hinterteil, und dabei hatte er den Einfall. Er stöpselte das Telefonkabel in McFertigs Helm. Dann begann er McFertigs Helmsender auszubauen. "Es ist doch widersinnig" meinte er über Telefon, "die Dinger beim Spazierentragen auch noch zu heizen." Er legte den Sender in eine Felsmulde, in der flüssiger Wasserstoff blubberte. "Genau" jubelte McFertig, "jetzt wird er supraleitend. Als Energiequelle verträgt er dann sogar meine Laserbatterie." Graf Hombug programmierte den Flottennotruf und drückte den Sendeknopf mit seinem Schreibstift, der prompt in Splitter ging. Die Anzeige der Laserbatterie fiel ruckartig auf Null, ohne daß etwas durch schmorte. Das war ein gutes Zeichen dafür, daß die Energie irgendwo anders hin unterwegs war, Leider hatte Hombug den Wiese-Frenchman-Effekt übersehen. Schon im Jahre 2436 hatten Wiese und Frenchman nachgewiesen, daß ein Schwingkreis im supraleitenden Zustand eine Frequenz liefert, die genau Pi Drittel mal größer ist als seine Frequenz bei Normalleitfähigkeit. McFertigs Sender hatte jetzt ungefähr die Wellenlänge des wrukschen Raumfunkverkehrs. Der Kommandant des wrukschen Spionagekreuzers, der Hombug bei der Nereide beschossen hatte, und der gerade in Schleichfahrt zu den Uranusmonden unterwegs war, stellte die These auf, daß die Terraner einen Funkstörsender auf Pluto errichtet hätten. Da kein terranisches Schlachtschiff in der Nähe Plutos war, ergab sich eigentlich nur eine einzige Strategie. Graf Hombug hätte sie die hin-fliege-und-zu-schlage-Strategie genannt. Leider hörten die verdammten Terraner gleich wieder zu funken auf, so als wüßten sie schon was da auf sie zu kommt. Der wruksche Kommandant ging daher auf eine andere, ebenso wirksame Strategie über. Graf Hombug hätte sie die alles-kurz-und-klein-schlage-Strategie genannt. Wruksche Raumkreuzer führen zu solchen Zwecken immer ausreichende Mengen an Fusionsbomben mit sich. Graf Hombug und McFertig waren von Berufs wegen mit solchen Phänomenen vertraut. Als der Wruk fertig war, kochten die oberen Schichten des Plutoozeans, und der Planet hüllte sich in dichte Dampfwolken. Nachdem die tieferen Schichten des Meeres ebenfalls aufgetaut waren, mäßigte sich die Wasser- und Lufttemperatur auf rund dreißig Grad Celsius. Graf Hombug und McFertig krochen aus der Felsspalte, in der sie in Deckung gegangen waren. Da auch eine Sauerstoff-Stickstoff-Atmosphäre verdampft war, zogen sie die Raumanzüge aus. "Wirkt gleich viel gemütlicher" verkündete Rick McFertig. Graf Hombug schätzte, daß es Monate dauern würde, bis wieder alles einfror. Als Graf Hombug die Ruinen der Forschungsstation besichtigte, die von einem wrukschen Torpedo erwischt worden war, fiel sein Blick auf den gigantischen Ozean. "Wir hatten doch Badehosen mitnehmen sollen" dachte er. Am zweiten Tag bemerkten sie, daß auch Pflanzensamen aufgetaut waren. Nach einer Woche entdeckte McFertig Kaulquappen im Küstenwasser. Einen Monat später hatten sie sich ihre Laubhütten geflochten, und grillten Salamanderfilet über dem Holzfeuer. "Abenteuerurlaub im Sonnensystem" witzelte Hombug. "Nicht daheim, und doch zu Hause." Auf der Erdaußenstation 4 hingegen maß ein Astronom die Strahlungstemperatur von Pluto. Ein paar Wochen später hielt er vor Kollegen einen Vortrag zu diesem Thema. Bei diesem Kongreß war, wie meistens, auch ein Agent des Raumüberwachungsdienstes Zuhörer. Thermo-Gleichgewicht, Glashaus-Effekt, Strahlungsdruck, Albedo und das ganze Zeugs war ihm ziemlich gleichgültig. Er war Anhänger der hinfliege-und-nachschau-Methode. Deshalb wurden Graf Hombug und Rick McFertig schon nach sechs Monaten von Pluto abgeholt. "Es sieht ohnehin schon nach Schnee aus" meinte McFertig. Später nannte man sie auch "die Giganten vom Pluto", hatten sie doch einem Wrukkreuzer und dem kältesten Planeten des Sonnensystems getrotzt. Bei der Ordensverleihung meinte der terranische Staatspräsident: "Wenn das Ihre Vorstellung von Heimaturlaub ist, möchte ich Ihnen nicht an der Front begegnen."