Graf Frederik von Hombug und das erste Geheimnis von Atlantis. ( Raumjagdkommando 427 ) Neunzig Prozent seines Lebens wartet der Soldat vergebens. Space Commander Graf Frederik von Hombug hatte seinen ZB-731-Raumjäger mit schwachen Magnetfeldern an einem Nickel-Eisen-Planetoiden verankert. Kein, wie auch immer geartetes, Ortungssystem war in der Lage Planetoiden von Raumschiffen zu unterscheiden, wenn diese Raumschiffe ihren Antrieb gedrosselt hatten. Die Supraleitspulen für das Magnetfeld verbrauchten nach ihrer Aktivierung keine Energie mehr, und das Magnetfeld wurde durch das Nickeleisen des Planetoiden kurzgeschlossen. Entspannt lauschte er den lieblichen Klängen seiner Lieblingsmusikanten AC/DC. Die paar zweihundert Dezibel konnte im luftleeren Weltraum ohnehin niemand abhören. Auf der Außenseite des ZB-731-Raumjägers prangte das Symbol eines Mirgs, der von einem Blitz durchbohrt wird. (Wir wissen alle, daß es unter Meerwasser nicht blitzen kann.) Kurz nach dem das Liedlein "Fire your gun" erklungen war, schaltete Hombugs Bordcomputer die Musik aus, und den Rot-Alarm ein. Ein Nova-Träger-Schlachtschiff der Mirgs hatte den Außenring durchbrochen, und knallte mit annähernder Lichtgeschwindigkeit in das innere Sonnensystem. Port Ganymed stand zu weit rechts, falls man sagen würde, der Polarstern ist oben, und die Sonne ist vorne. Diese Betrachtungsweise wurde als die sogenannte Standardsichtweise vom Raumjagdkommando empfohlen, um Mißverständnisse zu vermeiden. Mars-Port mit seinen unschlagbaren Raumjagdkomkmandos stand leider nahezu hinter der Sonne. Natürlich jagten die Leute vom Neptun absolut alles was sie hatten hinter den Mirgs her, aber die spezielle Relativitätstheorie erlaubte ihnen nicht mehr, rechtzeitig einzugreifen. Space Commander Graf Frederik von Hombug war klar, daß das Schicksal der Menschheit jetzt ein weiteres mal in seinen Händen liegen würde. Graf Frederik von Hombug rammte den Schubhebel bis zum Anschlag nach vorne. Der rote Schub-Begrenzungs-Stift aus Kunststoff zersplitterte. (Nur Weicheier verwenden einen Stahlstift.) Nachdem Graf Frederik von Hombug das Bewußtsein verloren hatte, zog die eingebaute Rückholfeder den Schubhebel in die Nulllage. (Die Raumflotte kennt ihre Pappenheimer, aber sie liebt sie.) Vier Millionen Kilometer vor dem Erde-Mond-System hatte er das Schiff der Mirgs im Fadenkreuz seiner Raketensysteme. Auf der Erde schrillte der Atomalarm. Alle Zivilisten hasteten in die ihnen zugeteilten Atombunker, alles Militärpersonal bezog die vorbereiteten Raketenabwehrstellungen. Space Commander Graf Frederik von Hombug feuerte seine Backbord- Fusionsrakete ab. Das Fusionstorpedo orgelte planmäßig zum Gegner hinüber, aber dieser wich kurzerhand nach Steuerbord aus. Infolgedessen knallte die gutgemeinte Sprengladung in den Erdmond, wo sie einen glühenden Krater erzeugte. Space Commander Graf Frederik von Hombug überlegte sich nun sorgfältig, wie er die Steuerbord-Fusionsrakete gewinnbringender einsetzen konnte. Nachdem der Gegner jedem Geschoß ausweichen würde, sollte man dieses Verhalten in Hombugs eigene Stategie mit einbeziehen. Space Commander Graf Frederik von Hombug feuerte seine Steuerbord-Fusionsrakete ganz knapp rechts an dem Nova-Träger-Schlachtschiff der Mirgs vorbei. In das Leitsystem dieser Waffe hatte er einen Linkshaken einprogrammiert. Das Nova-Träger-Schlachtschiff der Mirgs wich nach Backbord aus, und Hombugs Lenkwaffe schwenkte zwanglos auf seinen neuen Kurs ein. Graf Frederik von Hombug schwenkte seinen ZB-731-Raumjäger um einhundertachtzig Grad, und schaltete auf Vollschub, um nicht in den Mond zu knallen. Dieses Manöver brachte auch den gut abgeschirmten Triebwerksreaktor seines Raumjägers zwischen die zu erwartende Explosion und Graf Frederik von Hombug. Knapp oberhalb des Erdmondes holte Hombugs Kampfrakete das Schiff der Mirgs ein, und diese gigantische Nuklearexplosion fand rein zufällig oberhalb des Einschlagspunktes von Hombugs Backbord-Fusionsrakete statt. Graf Frederik von Hombug kniff seine Augen zusammen, während innerhalb einer Mikrosekunde die optischen Filter des ZB-731 hochgefahren wurden. Wahrscheinlich war der Mirg-Bomber randvoll mit Antimaterie gewesen. Unmittelbar danach schrillte der Kollisionsalarm durch sein Schiff. Graf Frederik von Hombug riss den Steuerknüppel zu sich heran, und mißhandelte seinen Schubhebel erneut. Aus den Augenwinkeln vernahm er vorbeihuschende Mondgebirge, dann erreichte er wieder den freien Raum. Graf Frederik von Hombug dachte sich, daß wenn er dieses Looping vollenden würde, dann könnte er einen Blick auf den Einschlagsort des Mirg-Bombers werfen. Der Explosionskrater war in der Tat beachtlich, aber er glühte nur an den Rändern. Graf Frederik von Hombug hatte noch niemals einen Explosionskrater gesehen, der in der Mitte schwarz war. Zuerst dachte Graf Frederik von Hombug daran, daß der CCD-Chip der Außenkamera von dem Explosionsblitz etwas abgekriegt hatte, aber der dunkle Fleck blieb immer an der selben Stelle. Space Commander Graf Frederik von Hombug senkte seinen ZB-731 vorsichtig in das Innere des Kraters. Dieser Krater schien viel tiefer zu sein, als man von Explosionskratern eigentlich erwarten durfte. Fünfzig Kilometer tiefer stellte Graf Frederik von Hombug fest, daß der Explosionskrater nun eigentlich oberhalb seines momentanen Standortes liegen sollte. Graf Frederik von Hombug schaltete unterhalb der Oberfläche des Erdmondes die Fernortung ein, und war der erste Mensch der bemerkte, daß der Erdmond völlig hohl war. Graf Frederik von Hombug aktivierte den taktischen Funk, und meldete: "Houston, wir haben ein Problem. Der Mond ist hohl." Vom Raumjagdkommando kam die verständnisvolle Meldung: "Commander Hombug, justieren sie sofort die Sauerstoffversorgung ihres Raumhelms." Graf Frederik von Hombug beobachtete, wie die Erde langsam hinter dem Rand des großen Loches verschwand. Eine große Hilfe war sie ohnehin nicht gewesen. Nach einer kurzen Phase des Erstaunens schaltete Graf Frederik von Hombug noch den Massetaster dazu. Es hatte den Anschein, als würden innerhalb des hohlen Erdmondes ungefähr hunderttausend zwei kilometer große kugelförmige Gebilde schweben. Graf Frederik von Hombug wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht. Etwa ein Drittel des Schweißes waren auf das Raumgefecht zurückzuführen, zwei Drittel auf den unerwarteten Zustand unseres Erdmondes. Graf Frederik von Hombug landete seinen ZB-731 auf einer großen Plattform. Mit seiner Infrarot-Optik konnte Graf Frederik von Hombug nun erkennen, daß unzählige Arbeitsroboter aussschwärmten, um das Loch in der Oberfläche des Mondes zu verschließen. Währendessen hatten einige hundert Kampfroboter Graf Frederik von Hombugs ZB-731 umstellt. Ein unbewaffneter Kommunikationsroboter baute sich vor Hombugs Schiff auf. "Wir bitten den Erben von Atlantis zu einem Gespräch", sagte er. Graf Frederik von Hombug wußte, daß man mit Robotern am besten geduldig sprechen sollte. "Warum glaubst du, ich wäre der Erbe von Atlantis ?", fragte er also gelassen. "Punkt eins: Du bist ein Humanoide. Punkt zwei: Du vernichtest Mirgs. Punkt drei: Du hast das Innere des Mondes erreicht.", lautete die Analyse des Roboters. Graf Frederik von Hombug fand, daß der Satzbau der Maschine etwas monoton war, und daß das Erreichen des Inneren des Mondes ein klein wenig vom Zufall abhängig gewesen war. Graf Frederik von Hombug begab sich zusammen mit dem Kommunikationsroboter in die Steuerzentrale des Erdmondes, während die hundert Kampfroboter sich alle so verhielten, als müßten sie Graf Frederik von Hombug vor einer Mirg-Invasion beschützen. In der Steuerzentrale des Erdmondes bat man ihn höflich, sich in einen gepolsterten Stuhl zu setzen, dann stülpten die Roboter eine Art von Trockenhaube über seinen Kopf. "Aber ich war doch gerade erst beim Fiseur," meinte Graf Hombug. In Hombugs Kopf erklang eine dröhnende Stimme: "Sterblicher, das ist der goldene Helm von Atlantis ! " Nachdem vor fünfzigtausend Jahren die Kultur von Atlantis unter dem Ansturm der Mirginvasion zusammengebrochen war, hatten tapfere Techniker den Computer der Steuerzentrale des Erdmondes auf Automatik geschaltet. Seine erste Regel lautete: niemals auffallen. Die Steuerzentrale des Erdmondes nutzte konsequent die 235U-Spaltreaktion, die 238U-239Pu-Brutreaktion, und die Abwärme der Spaltprodukte. Die ohnehin vorhandenen Werften der Mondbasis der Atlanter wurden voll robotisiert, und lieferten nun alle sechs Monate ein Ultraschlachtschiff. Nach fünfzigtausend Jahren warteten nun hunderttausend zwei Kilometer große Ultraschlachtschiffe schlüsselfertig auf ihren Besitzer. Graf Frederik von Hombug fragte den Helm: "Wo das Metall des Mondes hingekommen ist, weiß ich nun. Wo ist der Sauerstoff des Mondes hingekommen ? " Wir, die Roboter, haben den überschüssigen Sauerstoff tiefgefroren. Im Zentrum des Mondes existiert eine riesige Sauerstoff-Eiskugel. Leider haben unsere Schiffe keinerlei Antriebsenergie, denn zum Auftanken müsste sie irgend jemand in die Sonnenatmosphäre fliegen. Aber schon eines dieser Schiffe würde genug Energie von der Sonne mitbringen können, um einen sauberen Massenstart zu veranstalten. Graf Frederik von Hombug schob seinen ZB-731-Raumjäger kalt lächelnd in den Materiekonverter der Steuerzentrale des Erdmondes. Mit dieser Energiemenge konnte man locker ein paar Würstchen grillen. Dann taufte er sein neues Ultraschlachtschiff auf den Namen Roaring Dragon. Ein Sprung zur Sonne ließ den Energiespeicher der Roaring Dragon volllaufen. Ein Sprung zum Mond, und ein Massenstart erfolgte. Kurz darauf stand Graf Frederik von Hombug mit hunderttausend Ultraschlachtschiffen der Dragon-Klasse über der Erde. "Houston, ihr habt ein Problem," funkte er. In der Tat dauerte die Bemannung der hunderttausend Ultraschlachtschiffe volle acht Monate. Aber nun hatte die Erde erstmals der Mirg-Invasion etwas entgegenzusetzen. Graf Frederik von Hombug setzte sich während dieser Zeit des öfteren mit dem den Computer der Steuerzentrale des Erdmondes in Verbindung. "Ihr kennt diesen roten Planeten außerhalb der Erdbahn, den wir Mars nennen. Macht dort unauffällig mit eurem Programm weiter." Einige Monate später meldeten sich die fleißigen Roboter wieder bei Graf Frederik von Hombug : "Wir dürfen auf dem Mars nicht weitermachen, weil er von Humanoiden bewohnt ist, die auch gegen die Mirgs kämpfen." So erfuhr Graf Frederik von Hombug die andere Geschichte des Mars. Die andere Geschichte des Mars : Es ist schon richtig, daß 99 Prozent der Marsoberfläche kalt, trocken, rot, und mit einer dünnen sauerstoffarmen Atmosphäre ausgestattet sind. Das Leben auf dem Mars spielt sich in dem restlichen, viel reicher ausgestatteten, einem Prozent der Marsoberfläche ab. Dieser Unterschied ist viel größer, als jener zwischen dem Wienerwald und der Wüste Gobi. Vor etwa einhundert Jahren war das noch deutlich von der Erde aus in Gestalt der Marskanäle erkennbar. Aber nach dem auf der Erde die Technologie der Raumfahrt entwickelt wurde, verschwanden seltsamerweise diese Marskanäle. Während man auf der Erde davon überzeugt ist, daß man vor hundert Jahren falsch beobachtet hat, lächeln die Marsbewohner über das gelungene Tarnungsmanöver. Ein paar Kunststofffolien, mit Marssand bestreut, und schon sehen wir nur eine perfekte Wüste. Es ist doch auffallend, wie viele Marssonden scheinbar grundlos verschwunden sind. In den Marskanälen, die im Mittel viertausend Meter unter dem Niveau der Marswüsten liegen, existieren annehmbare Sauerstoff-, und auch Wassermengen. Man vermutet, daß die alten Quaronen diese Kanäle vor ungefähr zweihunderttausend Jahren, nach ihrer Niederlage bei Andromeda angelegt haben. Genetisch gesehen sind die Quaronen die Stammrasse aller humanoiden Rassen unserer Galaxis. Während die irdische Menschheit mit Melanin als UV-Schutzstoff auskommt, müssen die Marsianer eine Abart des Chlorophylls verwenden, um dem Hautkrebs vorzubeugen. Dennoch haben beide Rassen gemeinsame Vorfahren, die Quaronen, und gemeinsame interstellare Feinde, die Mirgs. Eine kleine Panne : Bei dieser planetenweiten Tarn-Aktion wurde eine alte quaronische Gedenkstätte schlicht und einfach vergessen. Das liegt auch daran, daß diese auf einer selten bereisten Hochebene liegt. Man erfuhr von diesem Fehler erst, als die Marspyramiden vom irdischen Fernsehen gezeigt wurden. Hastig begann man die Bauwerke mit Sand zuzuschütten. In der Zwischenzeit nahm sich die marsianische Raumflotte der irdischen Raumsonden an. Graf Frederik von Hombug wunderte es nur wenig, daß die Menschhheit von den Marsbewohnern noch nichts bemerkt hatte, denn die Hauptbeschäftigung der Menschhheit war die Abwehr der Mirg-Invasion. Obwohl sich diese Marsbewohner furchtsam versteckten, hatten sie doch ein gemeinsames Ziel mit allen Humanoiden: die Abwehr der Mirgs. Eventuell konnte man ein Verteidigung-gegen-Technologie-Abkommen aushandeln. Die Ruhe auf dem Mars war in jedem Falle vorbei, und eines Tages würden alle Humanoiden unseres Sonnensystems Schulter an Schulter gegen die Mirgs vorgehen.