Der letzte Kaiser von Atlantis Die Mirgs In der Andromeda-Galaxie entwickelten sich vor vielen Millionen Jahren halbintelligente quallenähnliche Lebewesen, die Methan atmeten und nur im Wasser einen stabilen Körperbau beaßen. Intelligent in engerem Sinne war nur die Legemutter aller Mirgs, ein Organismus der auf dem Entstehungsplaneten der Mirgs nahezu den gesamten Ozean ausfüllte. Alle fünfzigtausend Jahre schwärmten ihre Nachkommen über die lokale Gruppe der Galaxien aus, und versuchten die dort ansässigen Lebensformen zu verdrängen und ihre Planeten zu mirgoformieren, indem sie eine Methan-Atmosphäre aufbauten. Die Quaronen Vor einhundertfünfzigtausend Jahren existierte auf den Planeten des Doppelsternsystems Qua-Ron eine technisierte humanoide Zivilisation. Wie alle Humanoiden vor und nach ihnen wurden sie von der alle fünfzigtausend Jahre auftretenden Schwarmphase der Mirgs überrascht. Denn Humanoiden benötigen von der Steinzeitphase bis zur technischen Zivilisation nur etwa zehntausend Jahre. Nach jahrhundertelangem erbittertem Weltraumkrieg, in dem Planet auf Planet vernichtet wurde, blieb den Quaronen, die auch den NISK (der Neutrino Induzierte Stellare Kollaps) entwickelt hatten, nur die Möglichkeit offen, die Sterne Qua und Ron, ihre ureigensten Sonnen zu NISKen und in deren verbrannten Planeten unterzutauchen. Auf Grund des Schwerpunkterhaltungssatzes kreisten diese Schlackenplaneten auf halbwegs stabilen Bahnen um das schwarze Doppelloch Quaron. Zwischen den beiden schwarzen Löchern hatte der Weltraum eine besonders energiereiche dünne Struktur angenommen. So konnten die technisch sehr begabten Quaronen auch das Prinzip der Ringe von Quaron entdecken. Die Ringe der Quaronen waren ein Meisterstück der quantenmechanischen Nichtlokalität. Außerdem waren die Quaronen die ersten Humanoiden, die das Prinzip der verbrannten Erde perfektioniert hatten. Im System des Doppellochs Qua-Ron hatten die Mirgs mit absoluter Sicherheit nichts mehr zu mirgoformieren. Die Stokth Vor einhunderttausend Jahren hatte sich im Rigel-System die humanoide Rasse der Stokth entwickelt. Als ferne Nachkommen der Quaronen hatten sie eine ungefähre Vorstellung, was da auf sie zukommen sollte. Das besondere Verdienst der Stokth um alle humanoide Folgerassen war ein trickreiches galaktisches Entwicklungsprogramm. Die Stokth verschwanden schon vor der Mirg-Invasion in sicheren Verstecken. Es hat den Anschein, als ob es auch heute noch Stokths geben würde, aber für uns Humanoide ist es klüger, nicht zu genau hinzusehen. Wir werden sie dann bemerken, wenn die Mirgs kommen. Und wir können nur hoffen, daß die Stokths bis dahin eine Serie tödlicher Waffensysteme entwickelt haben. Viele humanoide Rassen sind der Meinung, daß die Stokths einigermaßen wunderlich sind. Die vierte Menschheit und Graf Hombug hoffen, daß sie wunderlich genug sind, um noch ein paar Wunder auf die Beine zu stellen. Momentan fungieren die Stokth als Boten der Quaronen. Jener terranische Wissenschaftler, der den NISK erfunden hatte, hatte des öfteren Probleme mit einer korrekten Antwort, wenn man ihn nach seiner Herkunft befragte. Atlantis Vor fünfzigtausend Jahren erkannte der letzte Kaiser von Atlantis, daß er später genau diesen Titel erhalten würde. Schließlich besaß er als legitimer Herrscher der irdischen Menschheit die Papyrusrollen von Stokth. Nachdem seine Menschheit etwa zweihundert Jahre Vorsprung vor den Mirgs erhalten hatte, was ein Verdienst der Stokths war, versuchte er einige Spezialwaffen zu entwickeln. Als einziges System von vertrauenerweckender Zuverlässigkeit entpuppte sich der SAG, der Synaptische Amnesie Generator. Eine Kombination von elektromagnetischen Wellen, die in den Nervenfasern eines jeden intelligenten Lebewesens eine Folge von Spannungsimpulsen erzeugten. In den Synapsen an den Enden dieser Fasern kamen infolgedessen neben den eigenen Nervenimpulsen auch eine Reihe von Zufallssignalen an. Nach relativ kurzer Einwirkungsdauer war das Langzeitgedächtnis ein sehr verschwommenes Gebilde, weil seine Gedächtnis-Engramme immer mehr verwischt wurden. Jede intelligente Lebensform kehrte auf ihr Steinzeitniveau zurück. Der letzte Kaiser von Atlantis war bereit so hoch zu pokern wie er mußte. Mirgs in Raumschiffen, Mirgoformierungsstationen und auch in Kuppeln unter dem sauerstoffhältigen Ozean der Erde, würden die Bedienungsanleitungen ihrer Technologie vergessen und sterben. Menschen auf der Erdoberfläche hätten sicher auch eine hohe Sterblichkeit, aber etwa fünf Prozent würden überleben. Nachdem die atlantische Kultur mit Sicherheit zum Untergang verurteilt war, blieben dem letzten Kaiser von Atlantis nur noch flankierende Maßnahmen über. Auf der gesamten Erde ließ er riesige Steinpyramiden errichten, seine Psychologen hatten ihm versichert, daß primitive Humanoide solche Dinge genau betrachten würden. Die selben Psychologen hatten auch eine primitive Bilderschrift entwickelt, die man nun hastig mit Lasern in die Seitenflächen der Pyramiden brannte. Praktisch alle Lebensbereiche von Ackerbau und Viehzucht, bis zu einfachen mechanischen Techniken wurden dort idiotensicher beschrieben. Kaum hatte man eine Anzahl von einfachen Musterdörfern errichtet, und dort ausgesuchte Leute angesiedelt, da kamen die Mirgs. Da der letzte Kaiser von Atlantis auch der Oberbefehlshaber seiner Raumflotte war, ließ er es sich nicht nehmen, seine Schiffe in eine Vernichtungsschlacht zu führen, wie sie die Galaxis kaum jemals zu sehen bekommen hatte. Sobald das letzte Schiff der Erde zerstört war, aktivierte sich der SAG. Leider konnte der letzte Kaiser von Atlantis den Effekt des SAG nicht mehr beobachten. Sämtliche Mirgs im Umkreis unseres Sonnensystems wurden schwachsinnig und starben in folge technischer Inkompetenz. Mit zunehmender Hektik entsandten die Mirgs dutzende Kundschafter in unser Sonnensystem, keiner kehrte jemals zurück. Jetzt ging es um die Ehre der mirgschen Raumflotte. Fünf riesige Raumflotten, jede noch größer als ihre Vorgänger, brachen nacheinander in unser Sonnensystem auf, keine kehrte jemals zurück. Danach begriffen auch die Mirgs, daß unser Sonnensystem für alle Zeiten ein System des Todes sein würde. Die meisten Wracks der mirgschen Raumschiffe stürzten im Laufe der Jahrtausende in die Sonne, viele auf die verschiedenen Planeten, und manche kreisen heute noch irgendwo im Planetoidengürtel. Ob der Übergang von der Taktik der verbrannten Erde zur Taktik des gelöschten Geistes erfolgreich sein würde, das konnte nur die Zukunft zeigen. Erstaunlicherweise besitzen fast alle irdischen Völker eine Sage vom Turm des Vergessens. Die Bauweise der griechischen Tempel erinnert immer noch an die Deckel der Bunker-Eingänge der Atlanter, die aus einer dicken, waagrechten Betonplatte bestanden, die von mehreren Hydraulik-Säulen, die an ihren Rändern aufgereiht waren, hoch gehoben werden konnten. Die Pyramidenform für oberirdische Gebäude war eine logische Konsequenz der für diese Bauten erforderlichen Resistenz gegen thermonukleare Druckwellen. Auffallend ist auch, daß die sogenannte Königsqualle mit keiner anderen irdischen Qualle genetisch verwandt ist. Ungeklärt ist allerdings, wie primitive Nachkommen der Mirgs ohne Methan überleben konnten, bzw. ob sie dazu instinktiv natürliche Methanquellen nutzten. Glücklicherweise haben die Königsquallen nie wieder ein intelligentes Niveau erreicht, obwohl auch hier die Frage offen ist, was in den anaeroben Teilen unserer Tiefsee genau vor sich geht. Die vierte Menschheit Die vierte Menschheit hatte auf Grund der sorgfältigen Vorarbeit des Kaisers von Atlantis volle zweitausend Jahre Vorsprung vor den Mirgs. Einige Jahrhunderte nachdem die Mirgs aufgegeben hatten, in unser Sonnensystem einzufliegen, gab der Synaptische Amnesie Generator wie geplant den Geist auf. Daß Atlantis Jahrtausende später auf Grund geologischer Prozesse im Meer versank, war eigentlich nicht eingeplant, störte den großen Plan aber auch nicht besonders. Die Erinnerung an einen großen Obelisken, der die Sprache und das Denken verwirrte, schlug sich sicher auch in der Geschichte vom Turmbau zu Babel nieder. Lordadmiral Graf Frederik von Hombug, der das Rätsel von Stokth gelöst hatte, und der dann anschließend im Qua-Ron- System den Ring der Quaronen verliehen bekommen hatte, dieser Graf Hombug schwebte mit einer einfachen Tiefseetauchausrüstung über dem mittelatlantischen Graben. Unter ihm war ein mindestens fünfhundert Meter hoher Obelisk zu erkennen, zumindest, wenn man der Ultraschalloptik trauen konnte. Nachdem er schon auf Stokth die Grundzüge der atlantischen Sprache erlernt hatte, waren die einfachen Bildsymbole auf dem Obelisken für ihn leicht zu verstehen. Insgeheim fragte er sich, ob es die vierte Menschheit schaffen würde, die Mirgs zu vertreiben, oder ob es nach einer langen finsteren Nacht noch eine fünfte Menschheit geben würde. Falls letzteres der Fall sein sollte, sollte man sich sorgfältig überlegen, was man der fünften Menschheit für Informationen mitgeben würde, bzw. wie sich der Übergang von der Steinzeit zur technischen Zivilisation beschleunigen ließe. Graf Frederik von Hombug hatte die achttausend Lichtjahre von Quaron zur Erde zu Fuß zurückgelegt. Der Ring der Quaronen öffnete einen nichtlokalen Bereich, der ungefähr wie ein dunkler Spiegel aussah, man trat hindurch, und schon war man am gewünschten Ziel. Diese quaronische Technologie stellte in Nullzeit eine Verbindung zwischen dem menschlichen Bewußtsein und der energiereichen Raumverspannung zwischen Qua und Ron her. Wirklich schade, daß man daraus noch kein Waffensystem bauen konnte. Für Raumschiffe war die nichtlokale Zone zu klein. Schließlich war sie weder von räumlicher noch von zeitlicher Ausdehnung. Natürlich konnte man mit dem Ring der Quaronen eine Fusionsbombe abschicken, doch dann war der ungeheuer wertvolle Ring für immer verloren. Blieb nur das spannende ein Mann Manöver: Bombe unter dem Arm, Mirgs besuchen, Bombe ablegen, und ab durch den Ring. Leider gab es Millionen Mirgschiffe, und in der gesamten Galaxis nur zwölf quaronische Ringe. Graf Hombug überlegte: „Mit dem Ring der Quaronen kann ich überall hin, aber auf Grund ihrer großen Anzahl sind die Mirgs schon fast überall da.“ Die Quaronen hatten schon sehr bald erkannt, daß unser Universum akausale Prozesse nur in sehr geringem Umfang toleriert. Deshalb war es völlig unmöglich, eine Bombe abzusenden und den Ring zu behalten. Graf Hombug fand, daß das einen lustigen Krieg gegeben hätte. Auch bei Hombugs Idee eine Roboterdrohne mit dem Ring abzuschicken, hatten die Quaronen abgewunken. Akausale Prozesse waren unauflösbar mit einem intelligenten Bewußtsein gekoppelt. Nur von den Quaronen ausgewählte kreative Intelligenzen, wie zum Beispiel Graf Hombug, konnten den Ring der Quaronen sinnvoll einsetzen. Graf Hombug fühlte sich zwar geehrt, aber er hätte gern etwas mehr Vernichtungskapazität in den Ring gepackt. Immerhin brüteten die Quaronen bereits an einem dreizehnten Ring. Dieser würde aber noch ein paar Jahrhunderte lang im Zwischenraum zwischen Qua und Ron aufgeladen werden müssen. Leider gingen im Laufe der Jahrtausende immer wieder Träger des Ringes der Quaronen verloren, und mit ihnen auch ihre kostbaren Ringe. Ob die Mirgs jemals einen Ring der Quaronen erbeutet hatten, war nicht bekannt. Bekannt war aber, daß ein einzelner Mirg etwa so kreativ wie eine Termite war. Die Quaronen versicherten, daß bestenfalls die Legemutter aller Mirgs einen Ring lenken konnte, um aber durch die nichtlokale Zone zu gehen, dafür war diese Riesenqualle viel zu dick. Auf den naheliegenden Gedanken, der Legemutter aller Mirgs eine Antimateriebombe zuzusenden waren die Quaronen auch schon gekommen. Da der Ring seine Energie aus dem Zwischenraum zwischen Qua und Ron bezog, betrug seine Reichweite nur etwa fünfzigtausend Lichtjahre, was etwa dem Radius der Galaxis entsprach. Andromeda und die Legemutter aller Mirgs waren aber zwei Millionen Lichtjahre weit weg in der Nachbargalaxie. Eventuell hätte man eine Kette von vierzig Relaisringen durch den intergalaktischen Raum verlegen können, aber dazu waren zu wenige Ringe vorhanden, und diese wurden dringender an anderen Orten benötigt. Natürlich hatte Graf Frederik von Hombug den synaptischen Amnesie Generator mit den Quaronen ausgiebig diskutiert. Einfach die Wellenlänge der Mirgs einstellen, und ab die Post. Leider war es genau umgekehrt, das primitive Nervensystem der Mirgs benötigte mehr Bandbreite und Amplitude für einen soliden Schwachsinn als jeder Humanoide. Eventuell könnte man einige Humanoide mit einer Abart eines Faradayschen Käfigs intelligent erhalten, obwohl eine so niedrige Magnetpulsfrequenz sehr schwer abzuschirmen war. Eine größere Anzahl von atlantischen Führungspersönlichkeiten versuchten ihr Glück in solchen Sarkophagen. Viele von ihnen vertrockneten hilflos in ihren Bunkern, aber einige überlebten und wurden dann später zu Pharaonen, die verzweifelt versuchten, riesige Horden von Schwachsinnigen zu einer sinnvollen Aktivität zu koordinieren. Natürlich hatte schon der letzte Kaiser von Atlantis auch an eine aktive Abschirmung mit einer Interferenzfrequenz gedacht. Leider genügten schon winzige Abweichungen in der Feldstärke und der Frequenz des Gegenfeldes, um das Gehirn endgültig zu Brei zu verarbeiten. Auch hier gab es partielle Erfolge, und so entstand die Sage vom goldenen Helm von Atlantis. Dieser sollte ungeheure Macht verleihen, und dann im Laufe der Zeit den Träger wahnsinnig machen. Das war natürlich ein sehr ungünstiges Persönlichkeitsprofil für Führungspersonen. Um Waffenstrahlen zu erzeugen müßten Richtstrahler und Reflektoren auf Grund der extrem langen Wellenlängen auch riesengroß sein. Und im schnellen Raumgefecht war die Verdummungsgeschwindigkeit zu niedrig. Graf Hombug nahm sich aber vor, an dieser Stelle weiterzubohren. Eventuell könnte man SAG-Bomben auf Mirg- Planeten abwerfen. Der Haken an der Sache war, daß eine SAG- Antenne mindestens fünfhundert Meter hoch sein mußte, eine Folge der niedrigen Frequenz, und daß man dann noch einen Reaktor von der Größe der Cheopspyramide benötigte, um den Arbeitsstrom zu liefern. In dem Zeitraum, bis die Amnesie wirksam wurde, würden die Mirgs so ein Gebilde leicht verschrotten können. Falls man aber ein SAG-Schiff mit nahezu Lichtgeschwindigkeit in ein Mirg-System jagen wollte, würde der Dopplereffekt auf Grund der Frequenzverschiebung die SAG- Wirkung verhindern. Eventuell könnte man eine Roboterflotte als Geleitschutz mitschicken, und das SAG-Schiff abbremsen, während die Raumschlacht losbrach. Doch dann konnte man genauso gut auch mit Antimaterie und NISK arbeiten. Wie Graf Hombug wußte, funktionierten diese Methoden recht gut. ----- FORTSETZUNG FOLGT ----- Transkranielle Magnetstimulation: http://de.wikipedia.org/wiki/Transkranielle_Magnetstimulation